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19.04.2007, 18:00 Uhr
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KARL WILHELM KRBAVAC – DAS WIRKLICHE ECHTE VIRTUELLE SINFONIE ORCHESTER Lebende Legende, rollendes Komponisten-Urgstein und einer der ersten und wichtigsten Freejazzer Österreichs: Karl Wilhelm Krbavac. Blueste ab den 50ern mit den US-Originalen als Small Blues Charlie und erntete Respekt, bis ihm 1978 klar wurde, dass er mit der Musik der Schwarzen kein Geld mehr verdienen will. Gleichsam solide Konservatoriumsausbildung, lernte viel aus alter Musik, in der man, so Krbavac, nicht schummeln kann. Dann der „Sonnenaufgang“ durch Webern und Josef Matthias Hauer. „Die Reduktion auf das Wesentliche, kein Firlefanz.“ Krbavac gründete und leitete das Zwölfton Ensemble Wien mit der Erkenntnis: „Wenn ich in anderen Kulturen herummurksen kann, kann ich es in meiner eigenen wohl auch.“ Die Restenergien holte er sich bei der Befreiung des Jazz: als Mitbegründer des Vienna Art Ensemble und seit 1991 bei der Reform Art Unit, neben dem Art Ensemble of Chicago einem der dienstältesten Freejazz-Orchester der Welt. Nur dort noch spielt er Kollektivmusik, ansonsten musiziert Krbavac konsequent solo als Gründer und einziges Mitglied seines Solo-Orchesters, als „Komponist, Tonmeister, Arrangeur, Schwerverbrecher. Lebensgefährlich – und das in enormer Qualität!“ lacht der Mann, der die Humorlosigkeit in der Avantgardemusik erschreckend findet.
Beim V:NM-Festival 2007 präsentiert Krbavac eine rein virtuelle
Symphonie in
einer Mischung aus freier Zwölfton- und Digitaltechnik. Er selbst
spielt live keinen
Ton, es geht ihm um die geistige Leistung der Komposition, für deren
reale Umsetzung
es rund 170 Musiker bräuchte. Das Originalprojekt startete vor über
20 Jahren
aufgrund von Zeit- und Geldmangel: diverse Musiker hatten keine Zeit
für ihn, er
kein Geld für sie. Ergo spielte Krbavac mit Klavier, Kontrabass,
klassischer Gitarre
und Viola da Gamba – die er nebenbei auch in den Freejazz einführte – alles
selber
ein. Zwei Revox-Tonbänder waren die frühe Grundlage dafür,
eine „radikale Reduktion,
die um Häuser besser klang als faule Kompromisse“. Ab den
90ern benutzte
er immer mehr elektronische Zuspielungen, da die Synths immer besser
wurden,
die Sampletechnik immer bezwingender und die Klänge zunehmend Körper
bekamen.
2006 dann der endgültige Umstieg auf die Digitalproduktion. Alle
Instrumente
stammen von Musikern aus aller Welt und sind wirklich echt auf einem
Sampleprogramm
eingespielt worden. Mittlerweile ist das Solo-Orchester für Krbavac
weniger
eine Geld- als eine Sympathiefrage gegenüber bestimmten musikalischen
Haltungen
geworden. Er, der aktuell 3133 notierte Kompositionen erarbeitet hat,
macht konsequent
und gutgelaunt solo weiter. Das hat nichts Nostalgisches, im Gegenteil. „Es
geht ganz klar um bindende, durchschaubare Klangqualitäten im Jahr
2007.“ Text: Marcus Maida |