SA 21.04.2007, 17:00 Uhr
TIP KUG

Annette Giesriegl
Günther Albrecht
Heimo Puschnigg

Annette Giesriegl
Annette Giesriegl
Guenther Albrecht
Guenther Albrecht
Heimo Puschnigg
Heimo Puschnigg

PROJEKT GESANGSKLASSE/PUSCHNIGG-ALBRECHT-GIESRIEGL

Wenn bei einer Diskussion alle durcheinander reden, versteht keiner etwas, wenn jedoch durcheinander gesungen wird, entsteht unter Umständen etwas ganz Neues – ein Gesamtklang. Drei zeitgenössische Musiker und Komponisten gehen mit GesangsstudentInnen aus dem Institut Klassik und dem Institut Jazz der Musikhochschule Graz dieses Risiko ein und folgerichtig den Weg der Befreiung von der reinen Werkinterpretation zur Neuen Improvisierten Musik. Das junge Vokalensemble erarbeitet sich während der Festivaltage ein Programm, das von jeweils drei unterschiedlichen konzeptionellen Ansätzen ausgeht. Die Klammer ist jedoch, dass der strikte Begriff der Komposition durch das musikalische Ereignis und die interpretatorische Freiheit geöffnet und variiert wird und dass alle Beiträge musikalische Arbeit an Sprache sind. Heimo Puschnigg, Korrepetitor an der Musikhochschule Graz mit langjährigem Interesse und Erfahrungen in Neuer Musik und Improvisation, stellt das „Melos der Sprache“ in den Mittelpunkt seines Ansatzes. Emanzipiert von normativem Sinn, eingeschliffener Bedeutung und grammatikalischer Gebrauchsstruktur sollen die Klangfarben der Sprache hörbar gemacht und ihrem ursprünglichen Charakter angenähert werden. Der Sinn der Worte soll sich nicht über ihren Klang legen. Anders gewichtet der Ansatz des Musikers, Komponisten und Pioniers computergenerierter Musik, Günther Albrecht, der mit einem semantischeren Sprachbezug arbeitet: nach einem Text aus ‘Rabelais‘ „Gargantua und Pantagruel“ entsteht ein Chorstück, in dem die Improvisation „idiomatisch“ gefasst ist: der Chor folgt dem Instrument, wird durch die Partitur strukturiert und definiert, nimmt sich aber durch Abwandeln, Umspielen und Erweitern des vorgegebenen Materials jede Menge Freiheiten heraus. Dieses Schema hängt natürlich mit dem Text zusammen, der sich parodistisch mit der zeitgenössischen Literatur des 15. Jhts. auseinandersetzt. Da das Abschreiben und Zitieren die – vom damals aufkommenden Humanismus bekämpfte – Grundlage des Bücherschreibens bildete, soll die Improvisation in dieser Form zum künstlerischen Konstruktionsprinzip werden. Die Vokalartistin Annette Giesriegl, die an der Grazer Hochschule Jazz unterrichtet, hingegen nimmt mit ihrem Free Vocal Ensemble die mittelalterliche Gesangsstruktur des gregorianischen Hoketus auf, einer Art ‚Schluckaufgesang’, der sich im Sinne der Neuen Musik enorm zeitgemäß anhört. Der Hoketus indes ist dem Ensemble nur Zelle, Boden und Assoziation, um darüber hinaus eine stilistisch ungebundene und freie Öffnung des Stimmgebrauchs zu erreichen, die im Kollektiv ein Soundmodul mit vielfältigen individuellen Möglichkeiten sein soll.

Vokalensembles aus GesangsstudentInnen des Instituts Klassik und des Instituts Jazz der Musikhochschule Graz.
Leitung und Workshop: Annette Giesriegl – Günther Albrecht – Heimo Puschnigg

Text: Marcus Maida